In der geschäftlichen Buchhaltung gibt es verschiedene Methoden, um Transaktionen zu dokumentieren und abzurechnen. Eine dieser Methoden ist das sogenannte Gutschriftsverfahren, bei dem der Kunde die Rechnung (bzw. Gutschrift) stellt.
Gutschriftsverfahren ⇒ Erklärung & Praxisbeispiel
Zum Inhalt dieses Artikels
- Gutschriftsverfahren - auf einen Blick
- Gutschriftsverfahren – Definition
- Regelungen laut Gesetzgeber
- Gutschrift und Rechnung im Vergleich
- Für wen ist das Gutschriftsverfahren sinnvoll?
- Gutschriftsverfahren und Kleinunternehmer: Besondere Regelungen
- So funktioniert das Gutschriftsverfahren
- Gutschriftsverfahren: Vorteile für Kunden und Dienstleister
- Das Gutschriftsverfahren in der Praxis
- Fragen und Antworten
- Quellen
Gutschriftsverfahren - auf einen Blick
Definition: | Das Gutschriftsverfahren ist eine Methode der geschäftlichen Buchhaltung, bei der der Kunde, nicht der Lieferant, die Rechnung erstellt. |
Anwendung: | Das Gutschriftsverfahren wird vor allem von Unternehmen genutzt, die eine effiziente Abrechnung anstreben und ein hohes Vertrauensverhältnis zu ihren Lieferanten haben. |
Umsatzsteuer: | Die Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer bleibt auch im Gutschriftsverfahren beim Lieferanten. |
Rechtswirksamkeit: | Eine Gutschrift hat die gleiche rechtliche Wirkung wie eine Rechnung und wird von den Steuerbehörden anerkannt. |
Gesetzesgrundlage: | Die gesetzlichen Bestimmungen für das Gutschriftsverfahren sind im Umsatzsteuergesetz (UStG) festgelegt. |
Gutschriftsverfahren – Definition
Das Gutschriftsverfahren ist eine Methode der geschäftlichen Buchhaltung, die insbesondere bei Unternehmen mit umfangreichen Warengeschäften und zahlreichen Wareneingängen zum Einsatz kommt.
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Bei diesem Verfahren erstellt der Kunde, nicht der Lieferant, die Rechnung, die dann als Gutschrift bezeichnet wird.
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Einem Unternehmer bietet dieses Verfahren die Möglichkeit, die Wareneingänge effizient zu verwalten und Lieferpläne besser zu koordinieren.
Im traditionellen Rechnungsverfahren erstellt der Lieferant oder Dienstleister die Rechnung für gelieferte Waren oder erbrachte Leistungen. Im Gegensatz dazu wird im Gutschriftsverfahren die Abrechnung vom Kunden, dem Empfänger der Leistung, erstellt und an den Lieferanten geschickt.
Diese Art der Abrechnung wird als Gutschrift bezeichnet.
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Es handelt sich also nicht um eine klassische Rechnung, sondern um ein Dokument, das vom Kunden erstellt und an den Lieferanten geschickt wird.
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Hierbei ist zu beachten, dass eine Gutschrift die Rechnung eines Lieferanten ersetzt und somit die gleiche rechtliche Wirkung wie eine Rechnung hat.
Regelungen laut Gesetzgeber
Die rechtlichen Bestimmungen für das Gutschriftsverfahren sind im Umsatzsteuergesetz (UStG) festgelegt. Insbesondere § 14 Abs. 2 UStG beschreibt, dass der Leistungsempfänger berechtigt ist, eine Rechnung für eine Lieferung oder eine sonstige Leistung eines Unternehmens auszustellen. Diese vom Leistungsempfänger erstellte Abrechnung wird als Gutschrift bezeichnet.
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Die Gutschrift hat laut Gesetz dieselbe Wirkung wie eine Rechnung und wird von den Steuerbehörden als Nachweis für Zahlungen und Forderungen anerkannt.
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Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Gutschrift ihre Wirkung als Rechnung verliert, wenn der Empfänger Einspruch erhebt.
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Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass eine Gutschrift, genau wie eine Rechnung, innerhalb von sechs Monaten nach der Erbringung der Leistung erstellt werden muss.
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Zudem darf eine Gutschrift nicht als Rechnung bezeichnet werden, es muss klar der Titel „Gutschrift“ verwendet werden.
Wichtig: Trotz der Bezeichnung „Gutschrift“ darf bei diesem Verfahren die Umsatzsteuer nicht vernachlässigt werden. Genau wie bei einer Rechnung muss die Umsatzsteuer ausgewiesen werden und ist vom Leistungserbringer an das Finanzamt abzuführen.
Gutschrift und Rechnung im Vergleich
Das Gutschriftsverfahren und die klassische Rechnungsstellung haben beide das Ziel, Transaktionen, Lieferungen oder erbrachte Leistungen abzurechnen. Jedoch gibt es signifikante Unterschiede in der Handhabung und Verantwortlichkeit dieser beiden Verfahren.
Im klassischen Rechnungsverfahren ist es Aufgabe des Lieferanten oder Dienstleisters, eine Rechnung für die gelieferten Waren oder erbrachten Leistungen zu erstellen. Der Kunde erhält diese Rechnung und zahlt den ausgewiesenen Betrag.
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Die Rechnung stellt ein Forderungsdokument dar, das vom Lieferanten ausgestellt wird und an den Kunden adressiert ist.
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Sie dokumentiert die Forderung des Lieferanten gegenüber dem Kunden aufgrund einer erbrachten Leistung oder gelieferten Ware.
Im Gegensatz dazu wird im Gutschriftsverfahren die Abrechnung vom Kunden ausgestellt. Der Kunde erstellt eine Gutschrift für die vom Lieferanten erhaltene Ware oder Dienstleistung und schickt diese an den Lieferanten.
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Die Gutschrift ersetzt dabei die Rechnung des Lieferanten und hat dieselbe rechtliche Wirkung.
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Es ist also ein Dokument, das vom Kunden ausgestellt wird und an den Lieferanten adressiert ist.
Ein wesentlicher Unterschied besteht also darin, wer die Initiative für die Abrechnung ergreift. Bei der Rechnungsstellung geht die Initiative vom Lieferanten aus, während beim Gutschriftsverfahren der Kunde die Initiative ergreift und die Abrechnung erstellt.
Es ist wichtig zu beachten, dass trotz des Wechsels in der Verantwortlichkeit für die Erstellung der Abrechnungsdokumente, die Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer beim Lieferanten verbleibt.
Für wen ist das Gutschriftsverfahren sinnvoll?
Das Gutschriftsverfahren wird vorwiegend von Unternehmern genutzt, die eine effiziente Abrechnung und Minimierung ihrer Abrechnungslast anstreben.
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Es ist besonders vorteilhaft, wenn viele Warengeschäfte und Wareneingänge zu verarbeiten sind, da hier das Volumen der Rechnungsprüfungen erheblich reduziert werden kann.
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Es kommt zum Einsatz, wenn der Kunde in der Lage ist, genau zu bestimmen, welche Leistungen er erhalten hat und wie viel er dafür bezahlen muss.
Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Reduzierung des Verwaltungsaufwands:
- Der Lieferant muss keine Rechnungen erstellen, sondern erhält eine Gutschrift vom Kunden.
Gutschriftsverfahren und Kleinunternehmer: Besondere Regelungen
Kleinunternehmer können das Gutschriftsverfahren ebenfalls nutzen, müssen jedoch bestimmte Besonderheiten im Rahmen der Kleinunternehmerregelung beachten.
- Da sie nach § 19 UStG keine Umsatzsteuer ausweisen und keinen Vorsteuerabzug geltend machen dürfen, sollte bei der Ausstellung einer Gutschrift selbstverständlich auch keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden.
Führt ein Kleinunternehmer eine Lieferung oder Leistung durch und rechnet der Leistungsempfänger mit einer Gutschrift und ausgewiesener Umsatzsteuer ab, darf vom Empfänger keine Vorsteuer abgezogen werden.
- Kleinunternehmer sollten bei der Anwendung des Gutschriftsverfahrens also unbedingt immer auf ihren Status hinweisen!
So funktioniert das Gutschriftsverfahren
Das Standard-Gutschriftsverfahren folgt definierten Abläufen, um eine korrekte Abrechnung zu gewährleisten:
- Schritt 1: Vereinbarung des Gutschriftsverfahrens
Zunächst schließen der Kunde (Auftraggeber) und der Lieferant eine schriftliche Vereinbarung, dass die Abrechnung im Rahmen des Gutschriftsverfahrens erfolgen soll. Hierbei ist es wichtig, auch das Abrechnungsintervall (z. B. monatlich, vierteljährlich) zu regeln. Es empfiehlt sich, alle relevanten Details in einem Vertrag festzuhalten, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Schritt 2: Erstellung der Gutschrift durch den Kunden
Der Kunde erstellt eine Gutschrift für die erhaltene Ware oder Dienstleistung und schickt diese an den Lieferanten. Die Gutschrift muss bestimmte Angaben enthalten, um als ordnungsgemäße Gutschrift anerkannt zu werden.
- Schritt 3: Prüfung der Gutschrift durch den Lieferanten
Der Lieferant führt eine Rechnungsprüfung der Gutschrift durch, um sicherzustellen, dass alle Leistungen und Wareneingänge korrekt erfasst wurden. Außerdem überprüft er, ob der ausgewiesene Betrag mit seinen Aufzeichnungen übereinstimmt. Ist dies der Fall, bestätigt er den Erhalt und die Richtigkeit der Gutschrift.
- Schritt 4: Zahlung des Gutschriftbetrags
Nach der Bestätigung der Gutschrift durch den Lieferanten erfolgt die Zahlung des in der Gutschrift ausgewiesenen Betrags durch den Kunden. Der Lieferant verbucht anschließend die Gutschrift in seiner Buchhaltung.
Gutschriftsverfahren: Vorteile für Kunden und Dienstleister
Das Gutschriftsverfahren bietet sowohl für Dienstleister oder Lieferanten als auch für Kunden eine Reihe von Vorteilen. Ein zentraler Aspekt ist die Optimierung des Verwaltungsaufwands und der Prozesse rund um die Rechnungslegung.
Vorteile für Lieferanten oder Dienstleister:
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Reduzierung des Verwaltungsaufwands: Das Versenden von Rechnungen entfällt, was sowohl Zeit als auch Ressourcen spart.
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Verbesserung des Mahnwesens: Durch die Abläufe wird das Mahnwesen effizienter, da der Kunde für die Erstellung und den Versand der Gutschrift verantwortlich ist.
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Schnellere Umsatzsteuervoranmeldung: Die Umsatzsteuervoranmeldung (UStVA) kann schneller erstellt werden, da die Gutschriften systematisch vom Kunden erstellt werden.
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Termingerechte Zahlungen: Die Zahlung der Wareneingänge erfolgt in der Regel termingerecht, was die Liquidität des Unternehmens verbessert.
Vorteile für Kunden:
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Vereinfachung der Verwaltung: Durch den Wegfall von Arbeiten wie die Rechnungseingangsprüfung werden Verwaltungsaufgaben reduziert.
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Einfachere Umsatzsteuervoranmeldung: Da die Umsatzsteuer bereits in der Gutschrift ausgewiesen ist, lässt sich die Umsatzsteuervoranmeldung (UStVA) einfacher erstellen.
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Minimierung von Preisdifferenzen: Das Gutschriftsverfahren hilft, Preisdifferenzen zu reduzieren, da der Kunde die Kontrolle über die Erstellung und den Versand der Gutschrift hat.
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Schnelle Information über Differenzen: Der Kunde wird schneller über eventuelle Differenzen informiert, da er die Gutschrift erstellt und an den Dienstleister oder Lieferanten sendet.
Das Gutschriftsverfahren in der Praxis
In der Praxis wird das Gutschriftsverfahren insbesondere in Branchen angewendet, in denen umfangreiche oder wiederkehrende Geschäftsbeziehungen bestehen.
Beispiel 1: Logistikbranche
In der Logistikbranche, etwa bei Speditionsunternehmen, ist das Gutschriftsverfahren weit verbreitet.
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Aufgrund der hohen Anzahl an Sendungen und der damit verbundenen Rechnungen bietet es sich an, den Verwaltungsaufwand durch das Gutschriftsverfahren zu reduzieren.
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So erhält das Speditionsunternehmen nach der Lieferung eine Gutschrift vom Kunden und muss keine Rechnung erstellen.
Beispiel 2: Rohstoffbeschaffung
Auch in der Beschaffung von Rohstoffen, beispielsweise in der Automobilindustrie, wird das Gutschriftsverfahren häufig angewendet.
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Hier können die Lieferanten von Rohstoffen oder Vorprodukten eine Gutschrift vom Kunden erhalten, anstatt selbst eine Rechnung auszustellen.
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Das spart Zeit und Ressourcen und ermöglicht eine effizientere Abwicklung der Geschäftsprozesse.
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Fragen und Antworten
Wie funktioniert das Gutschriftsverfahren?
Das Gutschriftsverfahren ist ein Abrechnungsverfahren in der geschäftlichen Buchhaltung, bei dem der Kunde, nicht der Lieferant oder Dienstleister, die Rechnung erstellt. Erst nach der Lieferung von Waren oder Dienstleistungen erstellt der Kunde eine Gutschrift, die er an den Lieferanten sendet und die den gleichen Stellenwert wie eine herkömmliche Rechnung hat.
Wer nutzt das Gutschriftsverfahren?
Das Gutschriftsverfahren wird vorwiegend von Unternehmen genutzt, die eine langfristige und vertrauensvolle Geschäftsbeziehung zu ihren Lieferanten haben. Es findet breite Anwendung in Branchen wie Logistik, Rohstoffbeschaffung oder auch in anderen Handelsbeziehungen mit hohen Umsätzen.
Wann macht das Gutschriftsverfahren Sinn?
Das Gutschriftsverfahren macht vor allem dann Sinn, wenn eine Vereinfachung des Rechnungsprozesses angestrebt wird und ein hohes Vertrauensverhältnis zwischen den Geschäftspartnern besteht. Es ist insbesondere vorteilhaft bei umfangreichen oder wiederkehrenden Geschäftsbeziehungen, da es den administrativen Aufwand reduziert und den Prozess der Rechnungslegung effizienter gestaltet.
Quellen
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Gesamte Rechtsvorschrift für Umsatzsteuergesetz (UStG):
Gesetze im Internet – Bundesministerium der Justiz